Haushaltsrede von Karl-Willi Schuster für die SPD-Fraktion

Veröffentlicht in Gemeinderatsfraktion

anlässlich der Verabschiedung des Haushaltes 2019 in der Gemeinderatssitzung am 06.05.2019.
 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrter Herr Bürgermeister Kleiner,
verehrte Herren Jost und Schott, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates.
Der Haushaltsplan für das Jahr 2019 soll heute verabschiedet werden. Es ist der zweite im
neuen doppischen System. Und ich freue mich, dass ich den letzten Haushalt in der
ablaufenden Amtsperiode dieses Gemeinderats für meine Fraktion noch einmal kommentieren
darf. Mit der heutigen Entscheidung über den Haushaltsplan 2019 stellen wir schon die
Weichen für den neuen Gemeinderat, der am 26. Mai 2019 gewählt wird. Denn alle Positionen,
die wir heute beschließen, wird der neue Gemeinderat umsetzen müssen.
Der neue Gemeinderat hat – was die Finanzen angeht - einen guten Start, denn der
Gesamteindruck des vorliegenden Haushaltsplanentwurfs ist positiv. Dies ist weitgehend der
guten Konjunktur geschuldet. Wir sollten aber nicht allzu leichtfertig darauf vertrauen, dass die
wirtschaftliche Entwicklung auf Dauer so weitergeht. 2009/2010 haben wir im Zuge der Finanzund Eurokrise schon einmal erlebt, wie groß unsere Abhängigkeit von äußeren Faktoren ist.
Zudem ist der Optimismus der vergangenen Jahre verflogen und die öffentliche Hand muss
laut den Prognosen künftig mit Mindereinnahmen rechnen.
Aber für heute gilt noch: Bei guten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind die
Zuweisungen – insbesondere die aus dem Gemeindeanteil der Einkommenssteuer und den
Schlüsselzuweisungen des Landes – für die Erfüllung unserer kommunalen Pflichtaufgaben
ausreichend. Und alle für 2019 geplanten Maßnahmen im investiven Bereich von fast 2,6 Mio.
Euro, wie z. B. der Umbau des Rathauses in Bilfingen, die Sanierung der Großen
Brunnenstraße oder der Küchenanbau der Turn- und Festhalle Ersingen können durch
Zahlungsmittelüberschuss, Grundstückserlöse und Rücklagen finanziert werden.
Der Kernhaushalt ist schuldenfrei, neue Schulden werden nicht gemacht und laut Plan soll
zudem ein Überschuss von 225.000 Euro erwirtschaftet werden. Darüber hinaus verbleiben
noch rd. 1.000.000 Euro als Liquidität. Von den noch bestehenden Schulden beim Eigenbetrieb
Wasserversorgung werden rd. 150.000 Euro getilgt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn ich jetzt, gleich zu Beginn, die Spannung
nehme – will ich aufgrund dieser Eckdaten ohne langes Drumherum die Zustimmung unserer
Fraktion zum Haushalt ankündigen. Aber vielleicht gestatten Sie mir dennoch noch ein paar
grundsätzliche Anmerkungen. Wobei ich mich bei der Auseinandersetzung mit dem fast 280
Seiten umfassenden Haushaltsplan-Entwurf sinnvollerweise auf ganz wenige generelle
Themen konzentrieren möchte, und ich im Interesse aller so weit als möglich auf Zahlen
verzichte.
Als Gemeinderat befassten wir uns in den letzten 5 Jahren mit vielen verschiedenen Projekten
wie z. B. Kindergartenneubauten, U3-, Hort-, Flüchtlingsunterbringung, Schulsanierungen,
Sozialstation, Vereinsförderung, Einkaufsmärkte usw. Und auch das Jahr 2019 bringt keine
Verschnaufpause, denn bereits angestoßene Projekte werden fortgeführt, neue Investitionen z.
B. in die Grundschulen werden getätigt und weitere Planungen u. a. zur Erweiterung der
Sozialstation, werden auf den Weg gebracht.
Ich meine, dass bei all diesen Investitionen und Maßnahmen unser oberstes Ziel immer sein
muss, unsere Infrastruktur so zu erhalten und auszubauen, dass es den Menschen leicht

gemacht wird, sich dafür zu entscheiden, nach Kämpfelbach zu ziehen bzw. in Kämpfelbach zu
bleiben und sie keine Notwendigkeit sehen abzuwandern. Dies bedeutet für die Gemeinde aber
auch, dass neue Aufgaben auf sie zukommen werden, die es anzunehmen gilt und die
zusätzlichen Investitionen erforderlich machen
( z. B. bei der Schulentwicklung hier in die Grundschulen von Kämpfelbach, im Schulverband für unsere weiterführenden Schulen in Königsbach, den Kindergärten, der örtlichen Versorgung z. B. mit schnellem Internet, der Wohnraumplanung, der Verkehrsentwicklung ). Seit vielen Jahren (seit 2012 jedes Jahr)
plädiere ich dafür, diese zukünftigen Aufgaben, die im Augenblick noch gar nicht alle und in
voller Breite erkennbar sind, ganz systematisch und mit professioneller Unterstützung
anzugehen. Herr Bürgermeister Kleiner, Sie werden mir verzeihen, wenn ich diesen Wunsch
nach einem Gemeindeentwicklungsplan noch ein letztes Mal vortrage. Als Gemeinderat werde
ich diesen Wunsch nicht mehr erfüllt bekommen – aber hoffentlich noch als Bürger von
Kämpfelbach.
Den Artikel in der PZ vom 27.März über die Präsentation des Haushaltsplanentwurfs durch
Bürgermeister Kleiner hatte Herr Schott mit „Investitionen in die Wohngemeinde“ überschrieben
und trifft damit die Zielrichtung schon ganz gut. Aber damit die Wohngemeinde nicht zur
Schlafgemeinde wird – was ja manche schon befürchten und sich mir gegenüber auch schon
so geäußert haben – müssen wir nicht nur in die „Hardware“ investieren, sondern das Ganze
auch mit Leben füllen.
Hier haben wir gute Voraussetzungen durch unser reges Gemeinde- und Vereinsleben. Gott
sei Dank engagieren sich immer noch viele Kämpfelbacher ehrenamtlich und bilden somit
einen wesentlichen Baustein für die Lebensqualität in unserer Gemeinde. Sie sind unsere
wertvollste Ressource und sie machen unsere Gemeinde lebens- und liebenswert.
Deshalb müssen wir uns auch weiterhin für eine kräftige Unterstützung des Ehrenamts und der
Vereinsarbeit stark machen. Mit der Erweiterung der Turn- und Festhalle in Ersingen haben wir
eine große Maßnahme angestoßen, von der alle gleichermaßen profitieren. Aber auch in
kleineren Maßstäben gilt es, ehrenamtliche Tätigkeiten zu fördern. So wurde dieses Jahr die
Förderung der Büchereien erhöht. Auch die Planungsrate zur Untersuchung von
Verbesserungsmöglichkeiten in der Kirchbergsporthalle geht in diese Richtung. In die
Planungen sollten aber unbedingt die dort aktiven Vereine einbezogen werden, um nicht an
deren tatsächlichen Bedürfnissen vorbei zu planen. Den Turnverein Ersingen und
Tischtennisclub Ersingen will ich hierfür beispielhaft nennen. Sicher kann nicht jeder Wunsch
und schon gar nicht jede finanzielle Forderung erfüllt werden. Aber es geht ja auch nicht immer
nur ums Geld. So sollten wir unseren Bürgerinnen und Bürgern – mit oder ohne Ehrenamt –
auch versprechen, dass wir uns ihren Anliegen mit Respekt und Verständnis annehmen
werden. Manchmal macht auch nur der Ton die Musik. Und mir scheint, dass es ab und zu am
notwendigen Einfühlungsvermögen fehlt. Hier sehe ich tatsächlich noch
Verbesserungsmöglichkeiten und ein Steigerungspotenzial, das ganz ohne zusätzliche Kosten
im Haushalt erreicht werden kann.
Ein wichtiges Ehrenamt verrichtet auch unsere Feuerwehr. Dass dieses Jahr im Haushalt eine
überproportionale Steigerung der Ausgaben für Brandschutz und Feuerwehr veranschlagt ist,
wird von uns ohne Einschränkung mitgetragen, denn wir müssen zu Kenntnis nehmen, dass
die notwendige Instandhaltung und Gewährleistung von Sicherheitsstandards wie in so vielen
Bereichen, auch bei der Feuerwehr zu steigenden Betriebsausgaben führen werden. Die
Sicherheit der Feuerwehrfrauen und –männer darf genau so wenig wie die Sicherheit der
Bürgerinnen und Bürger auf der Strecke bleiben.


Die Anforderungen an unsere Gemeinde ändern sich immer schneller und werden immer
vielfältiger. Neben den klassischen Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge kommen
heute immer neue Aufgaben hinzu, die bis vor ein paar Jahren noch völlig unbekannt waren.
Da hilft es auch nicht zu sagen: „Das haben wir noch nie gemacht!“, schließlich wir sind keine
Insel, und außerdem werden wir nicht immer gefragt, ob wir diese oder jene Entwicklungen
haben wollen oder nicht. Letztes Jahr habe ich in diesem Zusammenhang den Ausbau der
digitalen Infrastruktur für das schnelle Internet erwähnt und die Lösung des
Verkehrslärmproblems angesprochen. Heute will ich auf die neuen Erfordernisse im
Hochwasserschutz eingehen. Diese werden künftig so manchen Bauherrn - aber auch die
Gemeinde - vor ganz neue Herausforderungen stellen. Auch wenn man kontrovers darüber
diskutieren kann, ob die Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets im Innenbereich Sinn
macht, so ist doch unbestritten, dass Bauwillige in diesen Siedlungsflächen entlang des
Verlaufs des Kämpfelbachs eine Ausgleichsfläche nachweisen müssen
( z. B. in der Schiller-
oder Goethestraße in Bilfingen oder teilweise entlang der Lange Straße und der Kämpfelbachstraße im Ortsteil Ersingen ).

Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Wenn auch rechtlich nicht zwingend in der Pflicht, so hat die Gemeinde
doch Gestaltungsspielraum und kann als Hilfestellung z. B. ein umfassendes und
zukunftsweisendes Ausgleichsflächenkonzept erstellen. Mit der vorzeitigen Sicherung von
Flächen kann die Gemeinde ein Bauvorhaben erleichtern, u. U. sogar erst ermöglichen.
Deshalb haben wir darum gebeten, im Grunderwerb dafür Mittel bereitzustellen. Ziel dabei ist
es, Baulücken im Innenbereich wegen fehlender Ausgleichsflächen zu vermeiden.
Das Thema Hochwasserschutz ist aber noch deutlich umfassender und der Ausgleich für
Neubauten nur ein Aspekt, er ist aber jener, der als erstes ans "Tageslicht" tritt, da die
Bauherren im Zuge ihrer Baumaßnahmen eine Lösung benötigen.
Nicht ganz so sorgenfrei blicken wir auf den Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs
Wasserversorgung. Dort steht zwar für 2019 noch ein kleiner Gewinn von 4.000 Euro im Plan.
Für 2021 wird daraus aber ein Verlust, so dass ein Trend zur Gebührenanhebung gegeben ist.
Deshalb die Bitte an die Verwaltung und die Kämmerei, informiert den neuen Gemeinderat
rechtzeitig über größere Instandhaltungsinvestitionen in der Wasserversorgung, die sich
zwangsläufig negativ auf die Gebührensituation niederschlagen werden.
Vieles wird auf den neuen Gemeinderat zukommen, Vorhersehbares und Unvorhersehbares.
Ich möchte ihm jedenfalls viel Glück wünschen und zum Schluss drei Wünsche an ihn richten:

1. Das Landessanierungsprogramm hat in den letzten 10 Jahren (Start 2008) dem OrtsteilBilfingen viel Positives beschert. Mit der Neugestaltung öffentlicher Straßenflächen wie der Großen und Kleinen Brunnenstraße mit Parkplatzanlagen einschließlich der Dorfmitte Helle Platte, der Weinbrennerkelter und aktuell die denkmalgerechte Sanierung des Bilfinger Rathauses hat es erheblich zur Wohnqualität und zur Aufwertung des Ortsbildes von Bilfingen beigetragen. Wir haben alle diese Entscheidungen mitgetragen. Ich war mir aber sicher, dass ich in meiner aktiven Zeit den Start dieses Programms auch im Ortsteil Ersingen noch erleben werde. Leider ist es dazu jetzt nicht mehr gekommen. Deshalb bitte ich den neuen Gemeinderat bei der Verwaltung darauf hinzuwirken, dass alles Notwendige veranlasst wird, um schnellstmöglich auch den Ortsteil Ersingen in den Genuss dieses Förderprogramms kommen zu lassen.

2. Der Bahnhof in Ersingen ist als Visitenkarte für ankommende Besucher gänzlich ungeeignet – wir haben bereits bei den Haushaltsberatungen darüber gesprochen. Mir liegt es am Herzen, dieses Gebäude einladender zu gestalten. Beispielfotos eines vergleichbaren Objektes, das eine kleine Gemeinde im Schwäbischen zu einem einladenden Schmuckstück verwandelt hat, das auch von Vereinen genutzt werden kann, so wie bei und durch die Motorradfreunde der IME, habe ich Herrn Kleiner als Anregung bereits zukommen lassen. Ich bitte den neuen Gemeinderat bei der Verwaltung darauf hinzuwirken, dass die Neugestaltung des Bahnhofs bald auf die Tagesordnung kommt.


3. Last but not least: Es gibt einen Bereich, der in der Vergangenheit sicher nicht nur mich,
sondern viele von uns geschmerzt und manchmal ratlos gemacht hat. Es ist der mehr oder
weniger mangelhafte Zustand unserer Diskussionskultur. Ich wünsche dem neuen
Gemeinderat vor allem anderen, dass er es schafft, offen, sachlich und fair miteinander zu
diskutieren. Dass im neuen Gemeinderat der Respekt vor anderen Meinungen bewahrt wird
und dass der neue Gemeinderat auch die Fähigkeit entwickelt, Kompromisse zu schließen.
Diese Bitte richte ich ausdrücklich nicht nur an die 18 ehrenamtlichen Gemeinderäte,
sondern auch an die hauptamtlichen Teilnehmer in den Gemeinderatssitzungen. Herr
Bürgermeister Kleiner, Sie haben hierbei als Sitzungsleiter eine ganz besondere
Verantwortung. Gehen Sie deshalb mit gutem Beispiel voran.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kleiner, in einer guten Haushaltsrede kann nicht nur gelobt
werden. Verstehen Sie meine letzte Haushaltsrede deshalb bitte als Anregung – schließlich
wollen wir doch das gleiche – uns wohlfühlen in Kämpfelbach und für unsere Kinder eine gute
und sichere Zukunft haben.
Am Schluss meiner Ausführungen steht mein Dank an alle, die sich von Berufswegen, im
Ehrenamt oder einfach als Mitbürger im besten Sinne in die Kämpfelbacher Kommunalpolitik
eingebracht haben. Danke auch an Kevin Jost, der als unser neuer Kämmerer durch seine
konstruktive und sachliche Art den Haushaltsberatungen gutgetan hat. Zu guter Letzt mein
besonderer Dank an alle Kämpfelbacher Bürger, die durch ihr Engagement unsere Gemeinde
so lebens- und liebenswert machen.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kleiner, die SPD-Fraktion stimmt dem Haushaltsplan sowie
dem Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Wasserversorgung für 2019 zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!                                                                                           
 

Karl-Willi Schuster

Kämpfelbach, den 06.05.2019
 

 

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