Nein, sie sind vor allem stolz auf all das, was wir in der Gegenwart ganz konkret leisten. Stolz darauf, dass der stellvertretende Ministerpräsident kommt und die Festrede hält - Und sie erinnern sich auch 18 Monate nach der Wahl noch daran, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Sie sind stolz darauf, dass unsere Ministerinnen und Minister den Politikwechsel in Baden-Württemberg voran treiben. Stolz, weil sie wissen, dass es Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind, die Baden-Württemberg in die Zukunft führen. Und sie sind voller Zuversicht, weil sie wissen, dass bei allem was geschieht, die SPD immer für eines sorgen wird:
Das es dabei gerecht zugeht, liebe Genossinnen und Genossen. Denn wir waren nie die Partei des Status Quo. Ich meine, wir lesen nicht umsonst den "Vorwärts" und nicht den "Stehen Geblieben".
Ob vor 150 Jahren bei der Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins oder vor 100 Jahren in Alpirsbach - immer waren es mutige Frauen und Männer, die etwas verändern wollten. Die sich zusammenschlossen und ihr Schicksal in die eigene Hand nahmen - und sich auch von Widerständen nicht davon abbringen ließen. Genau das ist der Geist, der uns zur Kraft des sozialen Fortschritts macht. Und das ist der Geist, mit dem wir heute hier diskutieren sollten.
Lasst uns also nach vorn blicken. Denn es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Wie also sieht unser Baden-Württemberg der Zukunft, sagen wir im Jahr 2020, aus? Und liebe Genossinnen und Genossen, ich bin überzeugt, dass dieses Baden-Württemberg, an dem wir heute bauen, vor allem auf zwei Pfeilern ruhen muss: sie heißen wirtschaftliche Stärke und soziale Gerechtigkeit. Und lasst euch von niemandem einreden, das wäre ein Gegensatz.
Auch wenn das die Hohepriester des Neoliberalismus weiter predigen - das genaue Gegenteil ist der Fall. Denn überall zeigt sich: Wo die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht, sind auch Wachstum und Wohlstand der Gesellschaft insgesamt bedroht.
Wirtschaftliche Stärke und soziale Gerechtigkeit gehören also untrennbar zusammen. Und sie haben noch etwas gemeinsam: beides kommt nicht von allein. Denn Erfolg ist das Ergebnis guter Ideen und harter Arbeit. Und nirgendwo weiß man das besser als in Baden- Württemberg. Hier haben nie Ölquellen gesprudelt. Hier haben die Menschen getüftelt, gebastelt und in die Hände gespuckt. Mit ihrer eigenen Hände Arbeit haben sie den Südwesten von einem Armenhaus zur Wachstumslokomotive Europas gemacht.
Und das Besondere an Baden- Württemberg ist seine ganz besondere Struktur. Natürlich kennen alle die Namen unserer Weltkonzerne - Bosch, Daimler, Porsche - um nur einige zu nennen. Und sie alle, mit ihren vielen tausend Beschäftigten, sind wichtig und unverzichtbar für unser Land. Doch mindestens ebenso wichtig sind die unzähligen kleinen und mittleren Unternehmen.
Sie mögen alleine weniger bekannt sein - doch zusammen bilden sie das Rückgrat unserer Wirtschaft. Ein paar Zahlen machen das schnell deutlich -
und keine Angst, ich meine wirklich nur ein paar Zahlen. Aber man muss sich das einmal vor Augen halten, um zu begreifen, worum es wirklich geht. Es geht um mehr als 99% der Unternehmen im Land. 60% der Jobs. 80% der Ausbildungsplätze und die Hälfte unsere Wirtschaftskraft.
Das ist unser Mittelstand, liebe Genossinnen und Genossen. Er ist nicht nur ein Garant für den Erfolg unseres Wirtschaftsstandortes. Er ist zugleich ein Garant für den Wohlstand unserer Gesellschaft. Auch deshalb bin ich im ganzen Land unterwegs und höre mir an, wo der Schuh drückt. Wo wir noch mehr tun können, wie wir für noch mehr Wachstum und Beschäftigung sorgen können. Denn auch das gehört zu meiner dialog-orientierten Wirtschaftspolitik.
Und in all diesen Gesprächen bin ich immer wieder fasziniert - nicht nur von den fantastischen Produkten "Made in Baden- Württemberg". Sondern vor allem von der Haltung des Mittelstands. Denn da ich höre nicht zuerst: "Wir sind stolz, dass wir viele Millionen Gewinn gemacht haben". Sondern: "Wir sind stolz, dass wir viele neue Arbeitsplätze geschaffen haben".

Diese Unternehmen sind ihrer Heimat verbunden. Sie werden nicht von irgendwelchen anonymen Managern geführt, sie sind oft seit vielen Generationen in Familienhand.
Natürlich gibt es hier auch Ausnahmen, das wissen wir alle - aber im Grund steht die große Mehrheit unseres Mittelstands für die Werte, für die wir mit unserer Wirtschaftspolitik eintreten:
• Vernunft und Verantwortung,
• dass Risiko und Haftung zusammen fallen,
• Das Denken in langen Linien,
• Seriosität statt Zockerei auf dem Rücken der Beschäftigten.
Und deshalb, liebe Genossinnen und Genossen, gibt es für mich auch überhaupt keinen Zweifel: Das ist die Realwirtschaft, von der wir sprechen, das ist unser Mittelstand.
Er verdient unsere volle Unterstützung. Und er bekommt sie von uns seit dem Wechsel auch. Und zwar in seiner ganzen Fläche.Denn Baden-Württembergs Stärke kommt eben genau aus dieser Fläche. Denn Baden-Württemberg ist ein Industrieland - und zwar in seiner gesamten Fläche. Und deshalb kämpfe ich auch für ein modernes, wirtschaftlich starkes Baden-Württemberg in seiner gesamten Fläche. Und ich weiß, aus unzähligen Gesprächen vor Ort, welche Themen die Leute umtreiben - die Unternehmer, die Betriebsräte, die Beschäftigten.

Und das ist nicht: "unsere Weide soll schöner werden". Nein. Ob in der Hohenlohe oder im Hochschwarzwald - immer sind es die selben Themen:
Es geht um den teilweise drohenden, teilweise schon spürbaren Fachkräftemangel.
Es geht um vernünftige Infrastruktur.
Es geht um Bildung und Betreuung.
Es geht um Innovation und es geht darum, wie wir den neuesten Stand der Forschung zum Mittelstand bringen.
Denn der mag vielleicht in der so genannten Provinz sitzen - er ist aber alles andere als provinziell. Er ist hochinnovativ und auf der ganzen Welt präsent - und schafft damit Beschäftigung in der ganzen Fläche. Es ist ja kein Zufall, dass die Arbeitslosenquoten gerade in Ravensburg oder in der Hohenlohe so niedrig sind. Aber das bleibt nicht von alleine so. Wir bleiben nicht stark indem wir uns an ein Klischee der 50-er Jahre ketten -
das machen schon die Strukturkonservativen quer durch alle anderen Parteien. Nein, liebe Genossinnen und Genossen, Baden-Württemberg wird 2020 nur dann auch in der Fläche stark sein, wenn wir uns heute den tatsächlichen Herausforderungen vor Ort stellen.
Das heißt:
Alte Zöpfe abschneiden.
Subventionstatbestände auf den Prüfstand.
Knappe Mittel für Zukunftsinvestitionen statt für Vergangenheitsbewältigung.
Und das heißt echte Lösungen für die echten Probleme.
Und genau die liefern wir seit 500 Tagen.
Ich habe schon letztes Jahr die Fachkräfteallianz auf den Weg gebracht. Weil ich ganz genau weiß, dass wir nur dann Beschäftigung vor Ort sichern können, wenn es Unternehmen in der ganzen Fläche des Landes gelingt, freie Stellen zu besetzen.
Und deshalb ist die Fachkräfteallianz so ein wichtiger Erfolg. Denn zum ersten Mal in der Geschichte des Landes sind alle Akteure zusammen gekommen - um gemeinsam Ziele zu vereinbaren und Wege zu finden, um sie auch zu erreichen. Und was für mich ganz entscheidend ist: zum ersten Mal sitzen die Gewerkschaften nicht am Katzentisch -
sie sind jetzt in der Wirtschaftspolitik in Baden- Württemberg ein Partner auf Augenhöhe. Auch das ist ein Erfolg sozialdemokratischer Politik, liebe Genossinnen und Genossen. Und wie in vielen Fragen, gibt es auch hier keine einfache Lösung,
keine magische Formel, die alles in Wohlgefallen auflöst.
Aber ein Gedanke leitet uns: Wir wollen alle Kräfte in unserer Gesellschaft mobilisieren und alle Potentiale ausschöpfen. Das heißt ganz konkret, wir schreiben niemanden ab - deshalb wollen wir Langezeitarbeitslose vom Rand zurück in die Mitte des Erwerbslebens holen. Das heißt, wir qualifizieren - deshalb wollen wir die Aus- und Weiterbildung stärken. Das heißt, wir kämpfen gegen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt - wir wollen, dass nicht die Herkunft, nicht das Alter und schon gar nicht das Geschlecht entscheidet. Sondern einzig und allein, was jemand kann!
Bei all diesen Fragen sind wir auf einem guten Weg - und besonders freut mich, dass wir es schaffen, all diese Ansätze durch regionale Fachkräfteallianzen auch in die Fläche zu tragen.
Und liebe Genossinnen und Genossen, eines ist jedes Mal wieder faszinierend im angeblich so ländlichen, konservativen Raum: Niemand dort will das Betreuungsgeld. Alle sagen, wir brauchen, Bildung und Betreuung - und zwar ganztags und von Anfang an. Weil es 1. ein Unding ist, die am besten qualifizierte Generation junger Frauen aller Zeiten mit Subventionen an den Herd ketten zu wollen. Und weil wir uns 2. dies auch gar nicht leisten können. Welche Fachkraft zieht denn nach Heidenheim, wenn sie nicht weiß, wie sich die Betreuung der Kinder organisieren lässt? Und ich frage mich ernsthaft: Was denkt sich Schwarz-Gelb im Bund bei so einem Unsinn eigentlich? 100 Euro für all die Eltern, die ihr Kind nicht in die Kita schicken. Mit öffentlichem Geld geförderte Kitas übrigens. Ich meine, man könnte ja darüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre.
Aber für die 2 Milliarden Euro, die das Ganze kosten soll, könnte man 166.000 (!) Kita-Plätze schaffen. Plätze, die dringend gebraucht werden. Der einzige Hoffnungsschimmer ist dabei, dass Schwarz-Gelb auch hier am Ende an seiner eigenen Unfähigkeit scheitert - und im Moment sieht es ja ganz danach aus. Aber eines ist auch sicher: Sollte Schwarz-Gelb die Herdprämie gegen die gesellschaftliche Mehrheit und gegen jede Vernunft doch noch durchpeitschen, dann schaffen wir sie 2013 mit einem sozialdemokratischen Bundeskanzler Peer Steinbrück wieder ab, liebe Genossinnen und Genossen! Dafür müssen wir kämpfen - für unsere gemeinsamen Ziele. Und unser gemeinsamer Kandidat verdient unsere Solidarität und unsere ganze Unterstützung - und wir werden Peer Steinbrück von Baden- Württemberg aus mit voller Kraft unterstützen, liebe Genossinnen und Genossen!

Wir wollen, dass 2013 Schluss ist mit Schwarz-Gelb im Bund. Denn wir wollen keine Herdprämie. Wir gehen einen anderen Weg. Wir setzen auf Bildung und Betreuung. In unserem Baden- Württemberg der Zukunft gibt es eine Betreuungsgarantie - vom ersten Geburtstag bis zum letzten Schultag!
Lasst es mich noch einmal wiederholen: Unser Ziel für 2020 muss es sein, dass es in Baden-Württemberg eine Betreuungsgarantie gibt - vom ersten Geburtstag bis zum letzten Schultag!

Deshalb ist auch der Pakt mit den Kommunen für Familien mit Kindern so wichtig. Und ich weiß, wir Sozialdemokraten tun uns mit unseren eigenen Erfolgen manchmal schwer, aber das ist ein einmaliger Durchbruch. Wir haben die Finanzmittel für die Kleinkindbetreuung nicht nur verdreifacht - und da geht es um hunderte Millionen Euro - wir haben zugleich auch für die Zukunft Verlässlichkeit geschaffen.

Und darauf, liebe Genossinnen und Genossen, können wir mit Fug und Recht stolz sein! Und auch hier sieht man, dass vernünftige Wirtschaftspolitik und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand gehen. Denn es ist eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft, dass wir Beruf und Familie in Einklang bringen - übrigens für Frauen und für Männer.
Es ist zugleich aber auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, dass wir allen Kinder in diesem Land gleichen Zugang zu Bildung und Betreuung geben - egal, woher ihre Eltern kommen, egal, welche Farbe ihre Haut hat. Denn wir sind die Partei des sozialen Aufstiegs, des Aufstiegs durch Bildung. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Meine Mutter war die erste in ihrer Familie, die studiert hat - oder besser gesagt konnte.
Weil wir Sozialdemokraten die Universitäten geöffnet haben, weil wir das das Bafög eingeführt haben - sonst wäre diese und viele andere Erfolgsgeschichten niemals möglich gewesen. Und deshalb - aus dieser Erfahrung - heißt Gerechtigkeit für uns nicht, dass die Reichen denen da unten ein paar Brocken runter werfen. Wir wollen, dass alle die gleichen Chancen haben! Wir wollen, dass sich Arbeit lohnt!
Wir wollen, dass der Reichtum gerecht verteilt ist! Und deshalb heißt für uns starke Wirtschaft immer auch Gute Arbeit. Und wenn ich über das Baden-Württemberg des Jahres 2020 spreche, liebe Genossinnen und Genossen, dann wünsche ich mir vor allem eines: Dass es uns bis dahin gelungen ist, dieses starke Industrieland tatsächlich zum Musterland Guter Arbeit zu machen.
Denn wenn wir beweisen können, dass eine Exportmacht wie Baden-Württemberg sozial und wettbewerbsfähig zugleich sein kann - dann ist das neoliberale Gerede endgültig Makulatur.
• Wir wissen, dass die Sozialpartnerschaft ein Standortvorteil ist,
• wir wissen, dass vernünftige Löhne ein Standortvorteil sind,
• und wir wissen, dass soziale Sicherheit ein Standortvorteil ist.
Und wir sind auf einem guten Weg:
• Das Tariftreuegesetz ist auf dem Weg.
• Wir haben ein Programm für Gute und sichere Arbeit umgesetzt.
• Wir kämpfen für den gesetzlichen Mindestlohn - auch, weil wir wissen, dass die Dumpinglöhne von heute die Altersarmut von Morgen sind.
Und es ist wie es immer war: wenn wir uns nicht um diese Probleme kümmern, wird es gar niemand tun.
Deshalb packen wir es an und deshalb ist dieses Land bei der SPD in besten Händen.
Liebe Genossinnen und Genossen, unser Baden-Württemberg der Zukunft ruht auf zwei Pfeilern: wirtschaftliche Stärke und soziale Gerechtigkeit. Es wird Wind und Wetter aber nur dann trotzen können, wenn wir es heute stark und wetterfest machen.
Und deswegen scheue ich auch keinen Konflikt, wenn es darum geht, unseren Haushalt in Ordnung zu bringen. Das ist leider noch schwerer als ich es je erwartet hätte. Denn beim Kassensturz nach dem Wechsel hat mich fast der Schlag getroffen. Sechs Jahrzehnte CDU- Regierung haben in Baden- Württemberg einen gewaltigen Schuldenberg hinterlassen: Schulden, verlagerte Verpflichtungen und Eventualverbindlichkeiten von zusammen über 70 Milliarden Euro. Ungedeckte Pensionsverpflichtungen von noch einmal 70 Milliarden. Dazu haben wir einen Sanierungsstau von über drei Milliarden Euro geerbt.
Und ja: Vieles haben wir angepackt. Wir bauen den Sanierungsstau "Stein für Stein" ab. Wir haben 2011 und 2012 jeweils ausgeglichene Landeshaushalte vorgelegt. Kein Cent neue Schulden! All das sind große Erfolge. Aber die eigentliche Herausforderung kommt jetzt: Denn Schwarz-Gelb hat uns mit ihrer mittelfristigen Finanzplanung strukturelle Defizite in Milliardenhöhe hinterlassen. Das heißt, dass nicht nur zu Krisenzeiten, sondern auch im wirtschaftlichen Normalzustand die Ausgaben nicht solide finanziert wurden. Und wenn sich Hauk und Rülke jetzt hinstellen und über unseren Haushalt feixen, dann ist das an Heuchelei kaum zu überbieten -

Sie sollten nicht schimpfen, sie sollten sich schämen für den Schlamassel, den sie angerichtet haben! 2,5 Milliarden Euro strukturelles Defizit Jahr für Jahr - das müsst ihr euch mal vorstellen. Würden wir da jetzt Hau-Ruck eine Vollbremsung machen, könnten wir den Laden auch gleich ganz zumachen. Würden wir ab 2013 weiter keine neuen Schulden machen, dann würde das nur mit einem brutalen Kahlschlag gehen: 2, 5 Milliarden Euro einsparen, das würde heißen
• wir müssten die gesamten Innenverwaltung abschaffen - inklusive Polizei und alle Regierungspräsidien,
• oder wir müssten alle Ausgaben in den Bereichen Soziales, Landwirtschaft und Umwelt einstellen,
• oder wir müssten alle Lehrer an Grund-, Haupt- und Werkrealschulen sowie Gymnasien entlassen.
Das geht alles - auch rechtlich - überhaupt gar nicht. Ich weiß es genau. Deshalb konsolidieren wir Schritt für Schritt, kraftvoll aber behutsam, konsequent, aber sozial ausgewogen. Doch so oder so: es führt kein Weg daran vorbei. Denn die Alternative ist wenig verlockend: Schon heute fließen mehr als 5% unseres Landeshaushalts in den Schuldendienst - und das sogar bei den heutigen Zinssätzen. Geld, das an anderer Stelle fehlt. Je mehr Zinsen gezahlt werden müssen, desto weniger kann der Staat handeln. Wir spüren das schon heute.
Aber das ist noch gar nichts. Meine Tochter ist jetzt zwei Jahre alt. Und wenn wir jetzt nicht handeln, dann kann ihre Generation und die ihrer Kinder bestenfalls noch verwalten - von gestalten kann dann längst keine Rede mehr sein.
Und liebe Genossinnen und Genossen, dazu kommt etwas, wovon viel zu selten die Rede ist. Denn es geht nicht nur um Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Es geht auch um handfeste Fragen der Verteilungsgerechtigkeit.
Mal ganz im Ernst: hohe Zinslasten führen unser Ziel des sozialen Ausgleichs doch geradezu ad absurdum. Denn während alle - die Verkäuferin, der Dachdecker, die Kindergärtnerin - über ihre Steuern die Zinsen bezahlen müssen, profitieren im Gegenzug nur wenige davon - nämlich diejenigen, die über genug Kapital verfügen, um es dem Staat zu leihen.
Hohe Schuldenstände führen also: zu einer Umverteilung von unten nach oben. Und das, liebe Genossinnen und Genossen ist - schlicht und einfach - ungerecht! Doch nicht nur das. Eine zu hohe öffentliche Verschuldung hemmt auch das wirtschaftliche Wachstum. Zwar ist umstritten, ab welcher Verschuldungsquote dieser Effekt eintritt, doch in einem Punkt sind sich alle einig: ist eine bestimmte Schwelle erst einmal überschritten, bricht das Wachstum ein. Der Teufelskreis aus Rezession und Verschuldung gerät dann vollends außer Kontrolle. Und spätestens dann machen die anderen aus den Schulden von heute den Sozialabbau von morgen. Und das müssen wir und das werden wir verhindern, liebe Genossinnen und Genossen!
Wir brauchen den handlungsfähigen Staat -
• für einen funktionierenden Sozialstaat,
• für gerechte Bildung,
• für Infrastruktur.

Und die Menschen, für die wir Politik machen, brauchen ihn auch. Denn nur Reiche können sich einen armen Staat leisten. Doch auch die überlegen sich, ob sie wirklich in einer Gesellschaft leben wollen, in der wenige fast alles und viele fast nichts haben. Deshalb haben wir eine breite gesellschaftliche Mehrheit für gerechtere Steuern. Die Menschen wollen, dass starke Schultern mehr tragen als schwache - viele mit starken Schultern finden das übrigens auch:
• sie sind für einen höheren Spitzensteuersatz,
• sie sind für eine Vermögenssteuer, die den Mittelstand schützt,
• sie sind für eine Erbschaftssteuer, die auch allen jenen eine faire Chance im Leben gibt, die nicht mit dem silbernen Löffel im Mund geboren wurden.
Also geht es um höhere Einnahmen. Aber bei 2,5 Milliarden strukturellem Defizit müssen wir auch an die Ausgaben ran, daran führt kein Weg vorbei. Und da gibt es keine leichten Entscheidungen.
Das Thema Lehrerstellen erregt die Gemüter und ich kann das auch verstehen. Natürlich, wenn der Ministerpräsident sagt "11.600 Lehrerstellen fallen in den nächsten Jahren weg", dann bricht niemand in Jubelstürme aus - ich übrigens auch nicht. Wenn man aber die Zahlen kennt, weiß man, dass es gar nicht anders geht. Übrigens könnten rein rechnerisch noch viel mehr Stellen abgebaut werden - ohne, dass sich das Lehrer Schülerverhältnis verschlechtert.
Das machen wir aber nicht - weil wir es eben ernst meinen mit dem Bildungsaufbruch . Wir lassen tausende Stellen im System, allein in diesem Jahr zusätzlich 3.000 Deputate. Und so gut ich die Diskussion auch verstehen kann, so sehr erübrigt sie sich, wenn man das alles nüchtern betrachtet: Bei 20% weniger Schülern, sind 10% weniger Deputate nicht der Untergang des Abendlandes, liebe Genossinnen und Genossen.
Denn es ist wie in der Diskussion um die Rente: Wir stehen in der Tradition von Bebel, von Ebert, von Brandt - wir stehen aber auch in der Tradition von Adam Riese. Und da ist 1 Plus 1 eben 2 und nicht unendlich, liebe Genossinnen und Genossen. Deshalb wünsche ich mir für die kommenden Wochen verantwortungsvolle Diskussionen. Bei der Rente, wo es darum geht, Altersarmut zu bekämpfen - ohne einfach die Bierdeckel zu stapeln. Mit einer Solidarrente, mit dem Kampf gegen Erwerbsarmut,
mit menschenwürdigen Übergängen in den Ruhestand - vor allem aber eben auch so, dass unsere Kinder und Kindeskinder die Last eines Tages auch noch stemmen können.
Und ich wünsche mir auch eine verantwortungsvolle Debatte, wenn es um Bildung geht.
Denn wir dürfen eines nicht vergessen: Die Reform des Bildungssystems ist eine Herkulesaufgabe. Und die stemmen wir nur gemeinsam. Unser Ziel ist ein solidarisches Bildungssystem - dieses Ziel erreichen wir aber nur, wenn wir alle solidarisch daran arbeiten. Deshalb verdient unsere Kultusministerin unsere volle Unterstützung
und deshalb erhält unsere Kultusministerin unsere volle Unterstützung, liebe Genossinnen und Genossen!
Und wir müssen uns einmal vor Augen führen, was wir in 500 Tagen schon alles geschafft haben:
• Wir haben die Studiengebühren abgeschafft.
• Wir haben die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft.
• Wir sorgen dafür, dass das Land endlich wieder die Schulsozialarbeit finanziert.
• Wir stärken mit dem Pakt für Familien mit Kindern Bildung und Betreuung.
• Wir haben die Gemeinschaftsschule eingeführt.
Und auch mit dem aktuellen Doppelhaushalt zeigen wir, dass wir die Partei der Bildung sind. Denn trotz aller Zwänge sorgen wir dafür, dass alle Schulen die Lehrer bekommen, die sie auch brauchen. Alleine hier haben wir noch einmal mehr als 20 Millionen Euro 1 eingesetzt, um keine Lücken entstehen zu lassen.
Denn wir sparen, wo es geht, aber wir investieren auch in unsere Zukunft, liebe Genossinnen und Genossinnen. Deshalb investieren wir aus der Sanierungsrücklage in diesem Haushalt mehr als 140 Millionen Euro in Straßen und Schienen.
1 Aufstockung Schöpfmittel (10,3 Mi) plus Nachsteuerungsreserve (10 Millionen)
Aber eben nicht mit der Gießkanne, sondern zielgerichtet. Denn die Kunst ist es, alle drei Aspekte miteinander zu verbinden: Sanieren, investieren und konsolidieren. Das geht nicht mit Phrasen, nicht mit philosophischen Sentenzen - das geht nur mit mutigen Entscheidungen. Oder frei nach Erich Kästner: "es gibt nichts Gutes, außer man tut es".
Deshalb bin ich stolz darauf, dass ich - nach dem Pakt für Familien mit Kindern (Verdreifachung der Gelder für die Kleinkindbetreuung) - auch eine Einigung mit den kommunalen Spitzenverbänden beim Finanzausgleich erzielt habe. Denn so einen Haushalt bringt man nur in Ordnung mit dem Mut zu handeln und einer gehörigen Portion Pragmatismus. Einem Pragmatismus wohlgemerkt, liebe Genossinnen und Genossen, mit einer moralischen Zielsetzung.
Denn unser gemeinsam Ziel ist ein starkes und gerechtes Baden-Württemberg:
• Ein Land, in dem Innovation und Tradition Hand in Hand gehen.
• In dem Herkunft kein Schicksal ist.
• In dem sich Arbeit auszahlt und niemand ins Nichts fällt.
• Ein Land, das wir voller Stolz an unsere Kinder weiter geben können, weil auch ihnen die Zukunft offen steht.
Aber wir dürfen nie vergessen: auch das größte Ziel erreichen wir nur - mit vielen kleinen Schritten. Lasst uns deshalb weiter bauen - am Baden-Württemberg der Zukunft. Tief verwurzelt in einer 150-jährigen Tradition- doch den Blick stets nach vorn gerichtet. Mit dem Willen zur Erneuerung und dem Mut zur Zukunft.
Denn wir sind die Kraft des sozialen Fortschritts.
Wir schaffen Zukunft.